Themenschwerpunkt Schadorganismen

Unkräuter und Schädlinge stellen für die landwirtschaftliche Produktion ein Gefahrenpotential dar, welches mit ökonomischen Folgen verbunden sein kann. Ihre Bekämpfung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Produktionssicherheit der Landwirtschaft.

Ein Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) frisst sich durch einen Maisstängel.
© Agroscope (Arnaud Conne)

Der Klimawandel beeinflusst die Verbreitung und Entwicklung von Schadinsekten, die Gunsträume ihrer Wirtspflanzen sowie die ökologischen Beziehungen zwischen Wirtspflanzen, Schadinsekten und deren natürlichen Feinden (Bale u.a. 2002; Tylianakis u.a. 2008). Für die Anpassung der Bekämpfungsstrategien ist es essentiell, sowohl die veränderte Entwicklung und das zukünftige Ausbreitungspotential von einheimischen Schadinsekten zu untersuchen (Stöckli u.a. 2012) als auch die Risiken durch Eindringen und Einschleppen von gebietsfremden Insektenarten rechtzeitig zu erkennen (Bacon u.a. 2012). Dabei spielt die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eine grosse Rolle. Die European and Mediterranean Plant Protection Organization (EPPO) und die European Food Safety Authority (EFSA) koordinieren die Entwicklung von gemeinsamen Strategien zum Schutz von Pflanzen vor Schadinsekten.

Einheimische Schadinsekten

Klimabedingte Änderungen im Vorkommen von Schadinsekten sind heute schon sichtbar. Viele Arten haben ihr Verbreitungsgebiet seit 1960 in nördlicher Richtung oder höhere Lagen ausgedehnt (Bebber u.a. 2013). Wärmere Winter haben zudem das Überleben von Schadinsekten gefördert und zu höheren Populationsdichten im Frühling geführt (Bale u.a. 2002). Heisse, trockene Sommer haben allerdings auch bei den Insekten zu erhöhter Mortalität geführt und in einigen Fällen die Populationsdichten verringert.

Durch die globale Erwärmung setzt die phänologische Entwicklung von Schadinsekten früher im Jahr ein und vollzieht sich schneller (Bell u.a. 2015). Folglich weisen viele Arten wie z.B. der Apfelwickler (Cydia pomonella) eine Generation mehr pro Jahr auf, als dies noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war (Tobin u.a. 2008).

Invasive Schadinsekten

Mit dem Klimawandel hat die Verbreitung von invasiven, gebietsfremden Insekten in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen (Seebens u.a. 2017). Der internationale Handel und der Personentransport begünstigen die Einschleppung und Verbreitung gebietsfremder Insektenarten. Da das zukünftige Klima der Schweiz mit grosser Wahrscheinlichkeit dem heutigen Klima in den wärmeren Regionen Frankreichs, im Mittelmeerraum und in Südosteuropa entsprechen wird (Abb. 1), werden sich die Überlebens-, Ausbreitungs- und damit Etablierungschancen von gebietsfremden Insektenarten mit dem Klimawandel erhöhen.

Bereits in die Schweiz eingeschleppt wurden in letzter Zeit die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii), die Mittelmeerfruchtfliege (Ceratitis capitata), der Japankäfer (Popillia japonica), die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) und die Tomatenminiermotte (Tuta absoluta). Für den Einzug von Schadinsekten aus südlichen Gebieten bilden die Alpen heute oft noch eine natürliche Barriere. Je nach Situation könnte dies in der Zukunft nicht mehr der Fall sein (Aluja u.a. 2014).

Die Grafik zeigt eine Karte Europas. Ein gelber Punkt in der Mitte markiert die geographische Lage von Wädenswil. Rote Flecken erstrecken sich über das Gebiet südlich des fünfzigsten Breitengrades. Sie zeigen an, wo es heute in den Monaten April bis September so warm ist, wie es für Wädenswil um 2060 erwartet wird. Dies sind Regionen in Südwest- und Zentral-Frankreich, im Mittelmeerraum, im Balkangebiet, in Südosteuropa und der Ukraine.
Abbildung 1. Gebiete (rot), in denen die heutigen Temperaturverhältnisse während der Monate April bis September jenen entsprechen, die in Wädenswil (gelber Punkt) für den Zeitraum um 2060 aufgrund von Klimaszenarien projiziert werden.
© Agroscope

Die folgenden Seiten bieten, mit ausgewählten Beispielen und Forschungsergebnissen, eine Vertiefung des Themas:

Einheimische Schädlinge im Obstbau: Der Apfelwickler

Der Apfelwickler (Cydia Pomonella) gilt als einer der wichtigsten Schädlinge im Obstanbau. Schäden werden durch die Raupe verursacht, wenn sie sich in den Apfel bohrt.
Teaser NCCS_Eignung

Invasive gebietsfremde Schädlinge: Klimatische Eignung und Schwellenwerte

Die potentielle Verbreitung von invasiven Schadinsekten wurde für 64 Arten unter heutigen und zukünftigen Klimabedingungen untersucht.

Invasive gebietsfremde Schädlinge: Die Marmorierte Baumwanze

Die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha Halys) stammt aus Ostasien und schädigt Obst, Gemüse, Beeren und Feldkulturen. Die Art wurde Ende des 20. Jahrhunderts in die USA verschleppt und 2004 erstmals in Europa (Zürich) beobachtet.
Teaser Kirschessigfliege

Invasive gebietsfremde Schädlinge: Die Kirschessigfliege

Die Kirschessigfliege (Drosophila Suzukii Matsumura) stammt aus Südostasien und wurde 2008 erstmals in den USA und Südeuropa nachgewiesen. In der Schweiz wurde sie zum ersten Mal im Juli 2011 im Tessin und im Graubünden gefunden.
Mittelmeerfruchtfliege

Invasive gebietsfremde Schädlinge: Die Mittelmeerfruchtfliege

Die Mittelmeerfruchtfliege (Ceratitis Capitata) stammt ursprünglich aus Afrika südlich der Sahara. Während der letzten 200 Jahre wurde sie durch den weltweiten Obsthandel in alle Kontinente verschleppt. Sie zählt zu den wirtschaftlich bedeutendsten Ostschädlingen.
Japankäfer

Invasive gebietsfremde Schädlinge: Der Japankäfer

Der Japankäfer (Popillia Japonica Newman) hat sich seit seiner Verschleppung aus Japan in den USA angesiedelt und beträchtliche Schäden angerichtet. Mittlerweile hat der Käfer die Schweiz erreicht. Der Japankäfer ist in der Schweiz ein Quarantäneorganismus und ein Befall ist melde- und bekämpfungspflichtig.

Weiterführende Informationen

Literatur

Im Text erwähnte Literatur

Akademien der Wissenschaften Schweiz (2016) Brennpunkt Klima Schweiz. Grundlagen, Folgen und Perspektiven. Swiss Academies Reports, 11(5), [online verfügbar, 14.06.2018].

Aluja, M., Birke, A., Ceymann, M., Guillén, L., Arrigoni, E., Baumgartner, D., Pascacio-Villafán, C. and Samietz, J., 2014. Agroecosystem resilience to an invasive insect species that could expand its geographical range in response to global climate change, Agr. Ecosyst. Environ, 186, 54–63.

Bacon, S.J., Bacher, S., Aebi, A., 2012. Gaps in border controls are related to quarantine alien insect invasions in Europe. PLoS ONE, 7, e47689.

BAFU, 2016. Strategie der Schweiz zu invasiven gebietsfremden Arten. Bundesamt für Umwelt (BAFU), Bern, CH.

Bale, J.S., Masters, G.J., Hodkinson, I.D., Awmack, C., Bezemer, T.M., Brown, V.K., Butterfield, J., Buse, A., Coulson, J.C., Farrar, J., Good, J.E.G., Harrington, R., Hartley, S., Jones, T.H., Lindroth, R.L., Press, M.C., Symrnioudis, I., Watt, A.D., Whittaker, J.B., 2002. Herbivory in global climate change research: direct effects of rising temperature on insect herbivores. Glob. Change Biol., 8, 1-16.

Bebber, D.P., Ramotowski, M.A.T., Gurr, S.J., 2013. Crop pests and pathogens move polewards in a warming world. Nat. Clim. Change, 3, 985-988.

Bell, J.R., Alderson, L., Izera, D., Kruger, T., Parker, S., Pickup, J., Shortall, C.R., Taylor, M.S., Verrier, P., Harrington, R., 2015. Long-term phenological trends, species accumulation rates, aphid traits and climate: five decades of change in migrating aphids. J. Anim. Ecol., 84, 21-34.

Deutsch, C. A., Tewksbury, J. J., Tigchelaar, M., Battisti, D. S., Merrill, S. C., Huey, R. B., Naylor, R. L., 2018. Increase in crop losses to insect pests in a warming climate. Science, 361, 916–919.

Mazzi, D., Bravin, E., Meraner, M., Finger, R., Kuske, S., 2017. Economic impact of the introduction and establishment of Drosophila suzukii on sweet cherry production in Switzerland. Insects, 8, 1-13.

Seebens, H., Blackburn, T.M., Dyer, E.E., Genovesi, P., Hulme, P.E., Jeschke, J.M., Pagad, S., Pysek, P., Winter, M., Arianoutsou, M., Bacher, S., Blasius, B., Brundu, G., Capinha, C., Celesti-Grapow, L., Dawson, W., Dullinger, S., Fuentes, N., Jager, H., Kartesz, J., Kenis, M., Kreft, H., Kuhn, I., Lenzner, B., Liebhold, A., Mosena, A., Moser, D., Nishino, M., Pearman, D., Pergl, J., Rabitsch, W., Rojas-Sandoval, J., Roques, A., Rorke, S., Rossinelli, S., Roy, H.E., Scalera, R., Schindler, S., Stajerova, K., Tokarska-Guzik, B., van Kleunen, M., Walker, K., Weigelt, P., Yamanaka, T., Essl, F., 2017. No saturation in the accumulation of alien species worldwide. Nat. Commun., 8, 9.

Stöckli, S., Samietz, J., Hirschi, M., Spirig, C., Rotach, M. und Calanca, P., 2012: Einfluss der Klimaänderung auf den Apfelwickler, Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau, 19.

Tobin, P.C., Nagarkatti, S., Loeb, G., Saunders, M.C., 2008. Historical and projected interactions between climate change and insect voltinism in a multivoltine species. Glob. Change Biol., 14, 951-957.

Tylianakis, J.M., Didham, R.K., Bascompte, J., Wardle, D.A., 2008. Global change and species interactions in terrestrial ecosystems. Ecol. Lett. 11, 1351-1363.

Weiterführende Literatur

BAFU, 2009. Klimainformationen im Dienste der Ernährungssicherheit. Faktenblatt 4, 3. Weltklimakonferenz, Genf, Schweiz, [online verfügbar, 14.06.2081].

Eitzinger, J., Kersebaum K.C., Formayer H., 2009: Landwirtschaft im Klimawandel – Auswirkungen und Anpassungsstrategien für die Land- und Forstwirtschaft in Mitteleuropa. AgriMedia, ERLING Verlag GmbH, Clenze (D).

Linder, C., Kehrli, P., Viret, O., 2016: Ravageurs et auxiliaire, in La Vigne, vol. 2.

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Letzte Änderung 28.09.2023

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