Hydrologische Szenarien verstehen

Die hydrologischen Szenarien Hydro-CH2018 beruhen auf Modellrechnungen der führenden Forschungsinstitutionen der Schweiz und berücksichtigen die neuesten Klimaszenarien.

Modellkette, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft abzuschätzen
Unsicherheiten entstehen in jedem Bearbeitungsschritt, von der Auswahl der Emissionsszenarien als Input für die globalen Klimamodelle über den Regionalisierungsprozess (Verbesserung der Auflösung) als Voraussetzung für die hydrologische Modellierung bis hin zur Analyse der Auswirkungen auf Gewässerökologie oder Wasserwirtschaft.

Was bildet die Grundlage der hydrologischen Szenarien Hydro-CH2018?

Im Vergleich zu früheren Untersuchungen über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Hydrologie konnte Hydro-CH2018 auf verbesserte Datengrundlagen und Methoden zurückgreifen. Das Projekt basiert auf den hoch aufgelösten Klimaszenarien CH2018, die erstmals durchgehende tägliche Daten auf der lokalen Skala für die Jahre 1981 bis 2099 bereitstellen.

Die hydrologischen Szenarien sind Teil einer sogenannten Modellkette: Am Anfang stehen verschiedene Emissionsszenarien, die mögliche Verläufe des Treibhausgasausstosses in der Zukunft beschreiben. Am Ende befinden sich Modelle, welche die Auswirkungen auf Wasserwirtschaft oder Landwirtschaft berechnen.

Die Klimaszenarien CH2018 entstanden durch Kombination der Emissionsszenarien mit globalen und regionalen Klimamodellen. Die hydrologischen Modelle wiederum verwenden Resultate der Klimaszenarien für die Berechnung der hydrologischen Szenarien. Diese zeigen, wie sich Wasserhaushalt und Gewässer der Schweiz verändern.

Hydro-CH2018 berücksichtigt sämtliche wichtigen hydrologischen Komponenten wie Abfluss und Grundwasserneubildung, Gletscher- und Schneeschmelze, Verdunstung und Gewässertemperaturen. 

Der Untersuchungsraum für Hydro-CH2018 umfasst die ganze Schweiz, das Fürstentum Liechtenstein und weitere benachbarte Gebiete, die ins Schweizer Staatsgebiet entwässern – in der Gesamtheit von Fachleuten auch als «hydrologische Schweiz» bezeichnet.

Welche Emissionsszenarien wurden verwendet?

Um die Wirksamkeit von internationalen Klimaschutzmassnahmen zu verdeutlichen und die Bandbreite der möglichen zukünftigen Veränderungen aufzuzeigen, betrachtet Hydro-CH2018 die Folgen von zwei exemplarischen Emissionspfaden: «Mit Klimaschutz» (RCP 2.6) sowie «Ohne Klimaschutz» (RCP 8.5). RCP ist eine international gebräuchliche Abkürzung zur Kennzeichnung der global definierten Emissionspfade (Representative Concentration Pathways).

Emissionspfade

Emissionspfade
Die Kurven zeigen den erwarteten Verlauf der weltweiten CO2-Emissionen gemäss den beiden exemplarischen Szenarien «Kein Klimaschutz» (RCP8.5) und «Konsequenter Klimaschutz» (RCP2.6).
© Angepasst von IPCC 2013/WGI/Box 1.1/Figure 3b

«Mit Klimaschutz» (RCP 2.6) steht für eine Zukunft, in der die Staatengemeinschaft im Einklang mit dem Pariser Klima-Abkommen griffige Klimaschutzmassnahmen umsetzt. Mit einer drastischen Senkung der Emissionen wird der Anstieg der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre innerhalb von etwa zwanzig Jahren gestoppt. «Ohne Klimaschutz» (RCP 8.5) steht für eine Zukunft ohne wirksame Klimaschutzmassnahmen, in der die globalen Treibhausgasemissionen weiterhin stark ansteigen.

Erwärmung der Atmosphäre

Erwärmung der Atmosphäre
Die Abbildung zeigt den bisherigen Verlauf (ausgezogene Kurve) sowie die modellierten zukünftigen Werte (farbige Flächen) der bodennahen Lufttemperatur in der Schweiz. Dargestellt sind die erwarteten Abweichungen der Jahresmitteltemperatur von der Referenzperiode 1981–2010.
© Klimaszenarien CH2018 (NCCS, 2018)

Für welchen Zeitraum liegen Resultate vor?

Wenn der Text den heutigen Zustand («heute») erwähnt, ist der mittlere hydrologische Zustand während der Referenzperiode von 1981 bis 2010 gemeint. Diese drei Jahrzehnte waren Ausgangspunkt für die Berechnung der Szenarien. Alle Angaben zu zukünftigen Veränderungen beziehen sich auf diese Periode.

Die Szenarien beschreiben erwartete Mittelwerte und die Spannbreite der möglichen Veränderungen des hydrologischen Geschehens über Perioden von 30 Jahren. Die Angaben «Ende dieses Jahrhunderts» oder «2085» beschreiben den Zeitraum von 2070 bis 2099, «Mitte Jahrhundert» oder «2060» den Zeitraum von 2045 bis 2074.

Wie sich die hydrologischen Verhältnisse zukünftig in einzelnen Jahren darstellen, lässt sich aus den Mittelwerten für die 30-Jahresperioden nicht ablesen. Jahreswerte können durch die natürliche Variabilität stark von den mittleren Verhältnissen abweichen.

Welche Unsicherheiten gibt es?

Moderne Computermodelle und Grossrechner ermöglichen es, ein mathematisches Abbild der in der Natur ablaufenden Prozesse zu erstellen und deren zukünftige Entwicklung zu simulieren. Ein solches Verfahren liegt auch Hydro-CH2018 zugrunde.

Für jeden Berechnungsschritt müssen Annahmen getroffen werden. Zum Beispiel, wie und in welchem Genauigkeitsgrad die Prozesse abgebildet und berechnet werden. Diese Annahmen, die wesentlich von der Datenverfügbarkeit abhängen, sind mit Unsicherheiten behaftet, die sich im Laufe der Modellkette fortpflanzen. 

Um Unsicherheiten bei der Modellierung zu erfassen, werden die Modelle von verschiedenen Universitäten und Forschungsanstalten verglichen. So lassen sich Unterschiede zwischen den Modellen und den verwendeten Annahmen erkennen. Dies erlaubt es, die Resultate zu überprüfen, zu plausibilisieren und ihre Genauigkeit abzuschätzen. 

Welche Unsicherheiten sind in Hydro-CH2018 angegeben?

Die Unsicherheiten werden in den Hydro-CH2018-Abflussszenarien zu einem gewissen Grad berücksichtigt, indem drei Emissionsszenarien und eine grosse Anzahl von Klimamodellen als Grundlage für die hydrologische Modellierung verwendet werden. Die Projektionen der hydrologischen Modelle streuen immer über einen gewissen Bereich. Je die Hälfte der Werte liegen über respektive unter dem sogenannten Median. Dieser entspricht am ehesten dem absehbaren Wert und wird daher im Rahmen der hydrologischen Szenarien als «beste» Schätzung angenommen.

Das gesamte Modellensemble, d.h. die Spannweite zwischen der jeweils minimalen und der maximalen Schätzung bzw. die Spannweite aller Simulationen, wird als Unsicherheitsbereich bezeichnet. Die Kombination aus Median und Berücksichtigung der gesamten Spannbreite der Simulationen liefert einen Hinweis auf die Robustheit der Projektion. Man beachte, dass für die Hydro-CH2018 Projektionen, wo nicht anders vermerkt, die minimale und die maximale Schätzung tatsächlich dem Minimum bzw. dem Maximum aller gerechneten Modelle entsprechen. Dies aus dem Grund, dass jeweils weniger Modelle zur Verfügung standen, als dass sich die 5%- bzw. 95%-Perzentile sinnvoll bestimmen lassen.

Letzte Änderung 16.03.2021

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